Offenes Atelier 2013 Karl Kaul

Pressefoto Werner Dupuis

 

 

 

 

Ich danke allen Besuchern, die sich für meine Bilder interessiert haben. Es ergaben sich viele interessante Gespräche.  Die neu eröffnete Artothek brachte erste Erfolge. Es freut mich sehr, wenn meine Bilder, die sich im Atelier stapeln, ins Licht gerückt werden und sich entfalten können, hoffentlich zur Freude der Entleiher.

Heute war sie im Briefkasten, gratis, wie in 41 Millionen Haushalten in Deutschland, angeblich um die Bundesbürger aufzurufen zur morgigen Wahl zu gehen.

Abgesehen von viel finanzierungskräftiger Werbung gibt es auch einen Aufsatz von Lüpertz mit der Headline „Politik macht Kunst„. Signifikant sind die fett gedruckten Sätze des Professors, dessen Werke „in den wichtigsten Museen der Welt zu sehen sind“: Zitat: „Haben es aber die Mächtigen nicht verdient … der Kunst als Vorlage zu genügen, sollte der Maler – wenn er kann – die Berührung mit einer so geforderten Aufgabe tunlichst vermeiden. Oder in der heutigen Zeit auf die Gleichgültigkeit der Fotografie verweisen. Denn die Fotografie sieht lediglich in der Ähnlichkeit und in der Wiedererkennbarkeit ihren Erfolg.“ Überheblich und pauschalierend. Großspurig und lächerlich.

Niveau? Im roten Bild-Logo: „Unabhängig . Überparteilich“. Wer bezahlt eigentlich die 41 Millionen Exemplare? Sie sind wohl als Parteienspende abzuhaken. Die Internetpräsentation http://www.bild.de/politik/startseite/politik/home-16804552.bild.html gibt Aufschluß. Der Kopfbanner: „Morgen beide Stimmen CDU“. Na also. Ekelig.

Kennen Sie Meese, Jonathan Meese, den mit dem Hitlergruß?

Wegen eines solchen in einer Kunstperformance musste er sich vor Kurzem vor Gericht verantworten, wegen „Verwendens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen“.

Ich mag Meeses Kunst, seine Gemälde. Performances mag ich nicht besonders. Ich halte sie für Show, für Unterhaltung, für Wichtigtuerei. Für Künstler, die in den Markt drängen, sind sie wahrscheinlich sehr wichtig. Das Publikum liebt Shows mehr als stille Bilder an der Wand, und die Presse greift meist euphorisch darauf zu, egal, Hauptsache Presse, belebt das Geschäft.

Meese hat wiederholt Hitlergrüße in seinen Performances, oder auch andere aufregende, man könnte auch sagen geschmacklose Dinge. Soll er doch. Man muss es sich ja nicht ansehen. Wir leben in einer Demokratie, in einer multikulti Gesellschaft, in einer globalisierten Welt – oder was es sonst noch an schönen Worten gibt. Wir sind tolerant, aufgeklärt, weitgereist – oder auch nicht. Was es an Unerfreulichem gibt, darüber klären uns tagtäglich die Medien auf. Wir haben die Freiheit uns dieser oder jener Meinung anzuschließen, sie zu vertreten, dafür einzutreten. Klar, die Freiheit kann nicht grenzenlos sein. Gewisse Regeln müssen eingehalten werden. Gilt das auch für die Kunst? Gibt es die „Totale Kunst, die „Autonome Kunst“?

Zurück zu Meese. Er ist kein Rechtsradikaler, kein Neonazi, kein Guantanamoanwärter. Warum macht er das dann, das mit dem Hitlergruß? Was ich in einem Spiegelinterview (29/2013) las, gibt mir zu denken: Zitat „Bezogen auf die Kunst, ist Demokratie die Lehre des optimierten Mittelmaßes. Der Künstler war noch nie so harmlos und weltgleichgeschaltet wie heute. Der ist noch nicht mal mehr der Narr, der dem König den Spiegel vorhält.“ Da hat er wohl recht. Man hat echt Angst davor, dass der Hitlergruß Nachahmer findet. Meese droht vereinnahmt zu werden. Da wird er nicht gefragt, ob er das will. Das Schreckgespenst des Terrorismus geht um. Wie schnell kann man heute ein Terrorist werden, ohne dass man es will oder ist?

Dessen ungeachtet vertritt Meese das Prinzip der Autonomie der Kunst. Zitat: „Kunst muss immer gegen das herrschende System sei…Ich bekämpfe jede Ideologie… Ich verlange die totale Entpolitisierung und Entideologisierung“. Meese wurde freigesprochen und das ist gut so. Dazu Meeses Anwalt P. Decker: Zitat „Das Gericht entscheidet, was Kunst ist und was nicht“ (DerSpiegel 31/2013). Der Prozess wird fortgesetzt.